Meine letzten Tage in Japan: Kyoto, Osaka, Nara
Tag 75-80: Nachdem ich mich in Hiroshima sehr spät verabschiedet habe bin ich auch relativ spät in Kyoto im Hostel angekommen. Ich hatte nicht viele Möglichkeiten für diesen Abend als etwas durch die Innenstadt zu ziehen und mir irgendwo etwas zum Essen zu besorgen.
Nachdem ich durch eine der vielen, sehr kleinen Straßen gezogen bin, wurde ich von einem etwas zwielichtig ausschauenden Japaner angesprochen ob ich denn eine Frau (gegen Bezahlung natürlich) haben möchte. Ich habe inzwischen aufgehört mich darüber zu wundern, nachdem mir das in Tokyo wirklich sehr, sehr oft passiert ist. Etwas verloren habe ich ihm dann aber klarmachen können, dass ich doch eigentlich nur einen kleinen Laden suche in dem ich eine Portion Ramen essen kann.
Er hat mir dann tatsächlich einen Laden gezeigt, den ich ohne ihn wohl nie gefunden hätte. Ich konnte nichts verstehen von dem Menu, habe also einfach nur mal nach dem Preis etwas bestellt und tatsächlich eine sehr gute Portion Ramen bekommen.
Nachdem ich anschließend gut gesättigt aus dem Lokal kam, bin ich nochmal bei dem etwas zwielichtigen Herrn vorbei gegangen um mich für die Empfehlung zu bedanken. Dieser hat es sich allerdings nicht nehmen lassen mich zu fragen ob ich – nachdem ich ja jetzt gesättigt sei – sein Angebot von vorher annehmen möchte. Abermals habe ich dankend abgelehnt und habe noch etwas die Stadt alleine erkundet bevor ich dann in meinem Hostel ins Bett gefallen bin.
Irgendwie treffe ich sie immer wieder
Am nächsten Morgen lag ich noch etwas im Bett (und habe Simpsons geschaut) als ich eine Nachricht von Bi Chu empfange. Wir haben uns schon seit etwa einer Woche nicht mehr gesprochen, aber sie ist gerade in Kyoto angekommen und will wissen wo in Japan ich gerade bin. Zufälle gibts! Natürlich habe ich ihr gleich geantwortet dass ich auch hier bin und wir haben uns für eine Stunde später am Hogonin Tempel verabredet.
Nachdem wir hauptsächlich den Park von Hogonin erkundet hatten, kamen wir zu einer der großen Attraktionen in Kyoto. Kyoto ist unter Anderem für seinen großen Bambuswald bekannt. Nachdem ich in Kamakura schon einen Bambus Tempel besucht hatte und die Ruhe dort vollends genossen hatte, habe ich etwas ähnliches hier auch erwartet. Leider musste ich feststellen, dass Kyoto einfach zu beliebt ist bei Touristen. Mit Ruhe konnte man hier im Bambuswald einfach nicht rechnen.
Es hatte sich anschließend etwas Ernüchterung bei mir breit gemacht, dass wohl meine Erwartungen an Kyoto andere waren als die Realität aussah. Bi Chu wusste noch dass Japans ältestes Schreintor gleich um die Ecke sein soll. Wir haben einen Abstecher hin gemacht, aber abermals fühlte ich mich zu groß für diesen Ort und nachdem so viele Menschen hier waren stand ich ständig irgendjemanden im Weg.
Nachdem Kyoto sehr viel zu bieten hat und ich am selben Abend wieder zurück nach Osaka fahren will um die letzten Tage bei meiner ehemaligen Couchsurferin und inzwischen guten Freundin Emiko zu verbringen möchte, ging es direkt weiter zum Kinkaku-ji. Der Tempel ist den meisten eher als „der goldene Tempel“ bekannt.
Mein bleibender Eindruck von Kyoto ist: Vollgestopft! Hier gibt es sehr viele, sehr schöne Tempel, jedoch weiß das anscheinend die ganze Welt. Viele schwärmen von Kyoto als eine wunderschöne Stadt. Wenn ich allerdings nach Kyoto gefragt werde, dann schnaufe ich nur tief und sage „Kamakura ist schöner„! Es hat den Vorteil, dass es auch dort viele schöne Tempel gibt, jedoch verirren sich Touristen seltener dorthin. Als wir Fotos machen wollten, ging es teilweise nicht, da zu viele Menschen auf zu geringen Raum standen.
Als ich beschlossen habe doch noch ein Foto mit meinem Neumel und dem Tempel machen zu wollen, habe ich – japanisch angepasst – in einer Reihe gewartet. Allerdings hatte ich die Rechnung nicht mit den Chinesischen Touristen gemacht, die sich dann immer wieder einfach vorgedrängelt haben. Nachdem mir das paarmal passiert ist, habe ich – untypisch für mich – mich auch vorgedrängelt und habe einen auf „ignoranten Ausländer“ gemacht. Ich hoffe dass das meinem Karma Konto nicht zu viele Minuspunkte hinzugefügt hat.
Verabschieden von Bi Chu? Niemals!
Der Nachmittag ist inzwischen weit fortgeschritten und ich muss bald wieder zurück nach Osaka fahren. Allerdings habe ich noch eine Stunde und deswegen haben Bi Chu und ich beschlossen, dass wir uns ganz gemütlich in der Innenstadt von Kyoto am Fluss ein Café suchen (es war schließlich ein Starbucks) und uns unterhalten. Wir haben vor uns her philosophiert und ich habe ihr von einem Spruch erzählt, der mich bei meiner Abschiedsfeier zu Tränen gerührt hat:
Why do you go away? So that you can come back. So that you can see the place you come from with new eyes and different colors. And the people there see you differently, too. Coming back where you started is not the same as never leaving! – Terry Pratchett
Auf meiner gesamten Reise merke ich immer wieder wie ich andere Menschen inspirieren kann ihren Traum zu verwirklichen und zu verfolgen. Ohne dass es meine Absicht ist erzähle ich von mir, wie ich immer wieder Schwierigkeiten hatte, aber alle überwinden konnte weil ich diese Reise unbedingt machen wollte. Natürlich hatte ich auch viel Hilfe und Unterstützung von meinen Freunden, meiner Familie und nicht zuletzt von meinen Kollegen, aber ich dachte nicht, dass das so ungewöhnlich ist.
Ich musste mich nun zum x-ten mal von Bi Chu verabschieden. Der Abschied ist uns beiden sehr leicht gefallen, denn wir würden uns demnächst in Taiwan ohnehin wieder sehen und außerdem wissen wir ja nie, wann wir uns zufällig wieder über den Weg laufen würden.
Ein Tag mit Emiko in Osaka
Am nächsten Tag hat Emiko für uns beide eine Brauerei Besichtigung bei Asahi organisiert. Unsere Tour startete bereits um 10 Uhr Morgens und uns wurde erklärt wie das Bier gebraut wird und was Asahi alles für die Umwelt macht. Ich habe während den Erklärungen der Führerin immer wieder in die Gesichter der anderen Tourteilnehmer geschaut und belustigt feststellen dürfen, dass wohl die wenigsten wegen der Hintergrundgeschichte hier waren, als viel mehr für das kostenlose Biertesten im Anschluss der Veranstaltung.
Anschließend ging es dann leicht angetrunken zum Expo Gelände von Osaka. Im Jahr 1970 hat Osaka eine Weltausstellung beherbergt und das damalige Expo Gelände wurde nun zum Park umfunktioniert. Normalerweise muss man für den Park Eintritt bezahlen, aber da auf meiner Reise immer wieder sehr viel Glück mit im Spiel ist, war genau an diesem Tag der Eintritt in den Park frei (ohne dass wir das vorher geplant hätten).
Nunja, ich war noch nie ein großer Trinker und deswegen bin ich auch nach dem Mittagessen recht müde geworden. Emiko und ich haben den Park sehr gemütlich genossen bis wir schließlich irgendwann heim gefahren sind.
Und nochmal Kyoto
Der nächste Tag war ein Sonntag und Emiko wollte mir ihre Lieblingsorte in Kyoto zeigen. Ich hatte bei dem einen Tag in Kyoto noch nicht alle „must see“ durchgemacht weswegen ich froh war dass ich nochmal hin kommen und mit Emiko sogar eine Einheimische dabei hatte, die mir ihre besonderen Orte zeigte.
Als erstes sind wir zu Emikos Lieblings-Tempel gefahren, dem Nanzen-ji. Der Tempel hat eine Anbindung an ein einzigartiges Aquädukt, wobei man dem Wasserlauf entlang gehen kann und tatsächlich auch in der Touristenstadt Kyoto noch etwas Ruhe findet.
Emiko erzählte mir, dass es unweit von diesem Tempel einen Schrein gebe, der auch sehr schön zu besichtigen ist. Hier habe ich dann schließlich gelernt: Tempel ist braun, Schrein ist rot! Merken! Es hat mich doch tatsächlich fast meinen kompletten Japanaufenthalt gekostet bis ich schließlich eine Antwort auf diese Frage bekommen hatte. Wir sind anschließend zu dem Schrein (der ist rot, nicht braun; Merken!) gelaufen.
Als wir dann neben dem Schrein in einen kleinen Park gekommen sind, habe ich mal wieder ein Video für meine Freunde in Deutschland aufgenommen um die sehr entspannte Stimmung festhalten zu können.
Wie bereits im Video angekündigt war der Tag allerdings noch nicht vorbei. Wir sind also weiter zu zwei weiteren Schreinen gezogen. Wieder einmal mussten wir uns durch Menschenmassen kämpfen um schließlich nach einer kurzen Zugfahrt bei den Tempeln anzukommen.
Unser erstes Ziel war der Araki Schrein, der hauptsächlich mit einem sehr großen Gebäude aufwartet. Viel beeindruckter und auch eines meiner Highlights in Kyoto war dann der Fushimi Inari-Taisha. Der Schrein ist bekannt für seine sehr vielen Tore (und ich meine wirklich sehr, sehr viele!). Leider war es bis wir bei dem Tempel waren inzwischen schon dunkel, aber das hat der beeindruckenden Atmosphäre nicht geschadet. Ich war trotzdem hin und weg von all den Toren!
Nachdem inzwischen auch schon dunkel geworden ist, mussten wir langsam wieder zurück nach Osaka fahren. Naja, eigentlich mussten wir nicht langsam, sondern tatsächlich schnell zurück denn wir haben eine Nachricht von (Überraschung!) Bi Chu bekommen, dass sie gerade zufällig mit einer Freundin in Osaka gelandet ist und dort am Bahnhof auf ihren Nachtbus zurück nach Kanazawa wartet.
Hier hat sich mal wieder gezeigt, dass Bi Chu und ich recht hatten uns in Kyoto ein paar Tage vorher nicht groß zu verabschieden, da wir ohnehin uns irgendwie wieder über den Weg laufen werden. Nachdem Emiko und ich in Osaka angekommen sind, haben wir uns dann mit Bi Chu und ihrer Freundin Eriko (die ich bereits bei meinem ersten Besuch in Kanazawa kurz kennengelernt habe) getroffen und noch ein kühles Bier getrunken bevor die beiden zurück fuhren und Emiko und ich nach Hause gegangen sind.
Nara und die Rehe
Am darauffolgenden Tag habe ich noch einen weiteren Ort besucht, der ganz fest auf meiner To-See Liste war (nicht dass es diese Liste physisch tatsächlich gäbe): Nara. Nara kennt man unter Anderem daher, da es dort eine große Reh Population gibt (ähnlich wie auf der Insel Miyajima) und die Rehe tatsächlich an der Ampel auf grünes Licht warten bevor sie die Straße überqueren oder (angeblich) sogar sich vor einem verbeugen.
Zudem gibt es in Nara mehrere Tempel und unter anderem auch einen großen Buddha, den ich mir auch unbedingt anschauen wollte nachdem mir meine Freunde in Kamakura davon erzählt hatten. Als ich dann beim Tōdai-ji Tempel angekommen bin, der für seinen großen Buddha bekannt ist, habe ich mich endlich mal seit vielen Wochen nicht mehr „zu groß“ für dieses Land gefühlt.
Drinnen gab es dann nicht nur einen sehr großen Buddha, sondern auch an einer Stelle des Tempels ein Loch in einem Pfeiler. Wer durch dieses kleine Loch kriechen kann, soll angeblich gegen Krankheiten geschützt sein. Natürlich kann man sich ja nie genug wünschen richtig gesund zu sein und außerdem habe ich meine Ninja-Skills mal wieder austesten wollen (nachdem mehrere Männer an der Enge des Lochs gescheitert sind) und habe es auch versucht. Ich bin tatsächlich erfolgreich durchs Loch gekrochen (die Technik machts) und bin anschließend unter dem tosenden Applaus der Japaner herausgekommen.
Nara ist offensichtlich auch ein beliebtes Reiseziel für Schulklassen. Anders kann ich es mir jedenfalls nicht erklären, dass außerhalb der Tempel überall sehr, sehr, sehr viele Schüler unterwegs sind. Als ich aus dem Tōdai-ji Tempel gehe und Richtung Park laufe werde ich zweimal von Grundschülern aufgehalten. Sie haben mich auf Englisch angesprochen und haben mich gefragt ob sie mir ein paar Fragen stellen dürfen.
Es war schön zu sehen wie aufgeregt die Kleinen waren und wie stolz sie anschließend waren, da sie sich mit einem Ausländer erfolgreich unterhalten haben. Dabei durfte ich auch die unterschiedlichen Lehrstile erleben: Zum einen der Lehrer, der sich sehr im Hintergrund aufgehalten hat und die Kinder Fehler machen lies, und zum Anderen der Lehrer, der direkt neben den Kindern stand und ihnen immer direkt sagte was sie machen sollten. Ich konnte eindeutig feststellen, dass die Gruppe die ihre eigenen Fehler machte und sich selbst korrigierten deutlich selbstsicherer war und (gefühlt) mehr Spaß bei der Sache hatten. Im Anschluss gab es jedenfalls noch ein Gruppenfoto mit der selbstsicheren Gruppe.
Anschließend ging es dann in den nahegelegenen Park und nun war es auch endlich an der Zeit meinen neuen Freund mal meinen Freunden daheim vorzustellen. In dem Park habe ich dann noch ein paar zusätzliche Tempel und Schreine besichtigt, wobei ich wohl inzwischen etwas überfüllt war mit schönen Tempeln und Schreinen. Es war nichts mehr besonderes für mich, auch wenn ich mich sehr bemüht habe immer wieder die Unterschiede zu erkennen und zu wertschätzen.
Nun ist es aber schon wieder recht spät geworden. Emiko hat mir noch am Vortag den Tipp gegeben zum Jikō-in Temple zu gehen. Der Tempel liegt etwas außerhalb und ich möchte eigentlich nicht mit dem Bus zurück zum Bahnhof fahren. Also laufe ich quer durch die Stadt und komme mal wieder an einigen Tempeln und Schreinen vorbei.
Im Zug zum Jikō-in Tempel setzt sich nach einem Halt ein alter Japaner zu mir. Er sieht wie ich mit meiner Karte dort sitze und immer wieder angestrengt aus dem Fenster schaue um zu sehen ob mein Halt schon gekommen ist, als er auf einmal in (fast) perfekten Englisch mich anspricht. Er hat gefragt wo ich her kommen, warum ich in Japan sei und wie es mir gefällt.
Nach fast vier Wochen in Japan und dem Gefühl dass die Japaner kaum mit einem Fremden reden wollen passiert mir das! Ich habe mich riesig gefreut und habe ihm von meiner langen Reise erzählt, von den Erlebnissen in Japan und meinem Ziel jetzt: dem Jikō-in Tempel. Er meinte noch dass ich schon zu spät dran bin und der Tempel wohl geschlossen wäre, aber ich wollte mich nicht davon abbringen lassen. Bin ich denn wirklich zu spät? Nein, der alte Mann muss sich sicherlich täuschen. An dem Bahnhof zum Tempel habe ich mich für das nette Gespräch bedankt und bin dann hinausgegangen.
Vom Bahnhof aus musste ich noch etwa 30 Minuten zum Tempel laufen. Auf dem Weg kreist die Frage in meinem Kopf ob ich denn nicht doch zu spät wäre. Ich sehe hier schließlich keine Touristen und laut Emiko soll es einer DER Touristenpunkte hier in der Nähe sein. Als ich am Tempel angekommen bin kommt die Ernüchterung: Der Tempel ist zu! Na gut, dann wird einfach das Beste daraus gemacht und ich schau mir etwas das Außengelände an.
Heute ist mein letzter Abend in Japan. Morgen Abend soll es dann weiter nach Taiwan gehen, weswegen Emiko heute Abend etwas ganz besonderes für mich im Programm hat: Wir gehen in ein Hunde Café! So etwas gibt es einfach in Deutschland nicht, deswegen war ich gespannt was mich wohl erwarten wird. Als wir dann da waren wurde mir schlagartig wieder bewusst wie unterschiedlich die Kultur hier ist. Ich habe mich etwas fremd in diesem Lokal gefühlt in dem ein paar Menschen sitzen und mit kleinen Hundebabys spielen.
Nachdem wir die Zeit im Hunde Café erfolgreich abgeschlossen haben ging es (auf meinen Wunsch hin) nochmal schön Ramen essen. Dafür sind wir in eines der beliebtesten Ramen Restaurants in Osaka gegangen. Dieses Lokal war etwas anders als die Lokale die ich vorher besucht hatte. Hier saß man direkt einer Wand gegenüber hinter der dann die Bedienungen herumliefen und durch eine kleine Klappe in der Wand das Essen servierten. Emiko hat mir dann noch eine kurze Unterhaltung der Bedienungen hinter der dünnen Wand übersetzt:
„Hast du den großen, weißen Mann gesehen? Der schaut ja so gut aus!“
Das hat dann auch erklärt warum – als die Klappe einmal aufging – im Hintergrund ein paar Augen mich angestarrt hatten. Die Japaner sind schon so ein Volk 😉
Mein letzter Tag in Japan – oder doch nicht?
Mein letzter Tag ist also gekommen. Heute gehts dann endlich nach Taiwan! Seit vielen Jahren zieht es mich nach Taiwan und ich habe mich schon darauf gefreut heute Abend endlich dort sein zu können. Meine Freundin Xiao Rong, die ich nach langer Zeit ja auch in San Francisco schon wiedergesehen habe, wird mich heute Abend also vom Flughafen abholen und mich in mein Hotel in Taipei bringen. Soweit der Plan.
Bevor ich mich auf zum Flughafen mache, habe ich mich noch mit Karin verabredet, die ich ja bereits das letzte mal in Osaka getroffen hatte. Sie hatte zwei Freundinnen aus Deutschland zu besuch, sodass wir zu viert losgezogen sind und etwas planlos durch die Stadt gezogen sind. Wir sind dann schließlich in einem Restaurant zum Abendessen gelandet wobei ich nicht zu viel Zeit hatte, da ich ja zum Flughafen musste.
Nach einiger Zeit muss ich aber dann wirklich los! Ich verabschiede mich von allen und checke mit meinem Handy (Windows Phone) die beste Verbindung zum Flughafen. Da mir die Microsoft eigenen Apps hier nicht weiter helfen (der Frustlevel steigt langsam), weiche ich auf die Online Version von Google Maps aus. Schön hier auch wieder feststellen zu dürfen, dass auf diesem Microsoft Handy auch die Google Karte kaum funktioniert (der Frustlevel steigt weiter). Nachdem ich feststellen durft, dass sich dann auch noch die Karte aufgehängt hat und ich so lange in die falsche Richtung gelaufen bin dass ich meinen ersten Bus verpasst habe, fand ich es nicht mehr lustig.
Nach einiger Zeit habe ich es dann doch endlich geschafft am Busterminal zum Flughafen zu stehen und mir wird angezeigt, dass ich immerhin noch etwa 1:40 Stunden vor Abflug beim Flughafen sein werde. Als ich dann schließlich in den Bus steige und der Bus gerade auf den Highway fährt, sehe ich den Namen des Flughafens: Itami. Itami? Itami! Wirklich? Mir läuft es eiskalt den Rücken runter. Vielleicht täusche ich mich ja aber ich dachte der Flughafen von dem ich starte heißt – blick auf mein Ticket – KANSAI!
Ich sitze im falschen Bus! Tatsächlich! Wie kann man nur so blöd sein! Ok, keine Panik! In dem Moment habe ich dann einen kurzen inneren Monolog mit mir selbst gehalten:
Manu an Kopf: „Ich brauch jetzt konstruktive Gedanken wie ich das Problem hier lösen könnte!“
Kopf an Manu: „Du könntest schreiend und wild mit den Armen wedelnd im Kreis laufen. Vielleicht hilfts ja.“
Manu an Kopf: „Danke für die Hilfe!“
Anschließend habe ich mich dann doch noch zusammengerissen und mir überlegt wie lange es wohl dauern mag vom falschen Flughafen zum Richtigen zu kommen. Den Busfahrer bitten anzuhalten und mich aussteigen zu lassen war leider keine Option, da wir schon seit einiger Zeit auf dem Highway unterwegs waren. Vorsorglich habe ich zudem Emiko informiert, dass ich gegebenfalls doch noch eine weitere Nacht bei ihr bleiben würde.
Beim falschen Flughafen angekommen bin ich voller Panik (nachdem ich mein Gepäck erhalten hatte) zum erstbesten Flughafenmitarbeiter hingerannt und habe nur den Namen des anderen Flughafens geschrien. Er hat mir dann klar gemacht, dass es einen Bus gibt, der gleich hier ums Eck losfährt. Dort angekommen sehe ich ein Schild auf dem zwei Zahlen stehen: 40 und 70. Ich kann leider kein Japanisch sodass ich eine Frau bitte mir zu sagen wie lange es dauert zum Kansai Airport zu kommen.
Ich hatte großes Glück dass diese Frau ein wenig Englisch sprechen konnte. Sie hat mir dann in gebrochenen Englisch erzählt, dass der nächste Bus in 20 Minuten kommt und insgesamt etwa 70 Minuten braucht. In meinem Kopf habe ich angefangen zu rechnen:
1:40 Stunde = 100 Minuten (bis zum Abflug)
20 Minuten + 70 Minuten = 90 Minuten (bis zur Ankunft am Flughafen)
Das wird nichts! Ich bin dann so schnell es geht zur Flughafen Information gerannt. Die nette Dame am Schalter hat mir gesagt, dass der Bus wohl die beste Möglichkeit wäre, denn Zug würde zu lange dauern da ich mehrfach umsteigen müsste. Nachdem ich nach einem Taxi gefragt hatte meinte sie, dass das Taxi etwa gleichlang braucht wie der Bus, nur deutlich teurer wäre. Wieder fing es in meinem Kopf an zu rechnen:
1:40 Stunde = 100 Minuten (bis zum Abflug)
70 Minuten = 70 Minuten (bis zur Ankunft am Flughafen)
Das könnte klappen! Aber halt, ich habe kein Bargeld mehr, da ich so gut es ging alles ausgegeben hatte. Also bin ich mit meiner Kreditkarte wild wedelnd zum Taxistand gerannt und habe geschrien „Kansai Airport! Creditcard hai?“. Innerhalb von sehr kurzer Zeit habe ich dann ein Taxi gefunden und der ältere Herr ist losgefahren. Nach etwa 5 Minuten fragt mich dann der Fahrer in etwa zwei Worten Englisch wann mein Abflug sei. Ich schreibe ihm die Uhrzeit auf ein Blatt Papier und als er die Zahlen gelesen hatte gibt er auf einmal richtig Gas!
Nun saß ich also da im Taxi und mein Puls raste. Ich konnte nichts machen als dem Taxifahrer zuzusehen wie er über den Highway den selben Weg zurück fährt wie ich vor ein paar Minuten gekommen bin. Um mich abzulenken habe ich dann angefangen mit meinen Freunden in Deutschland zu schreiben. Ich habe während meiner Weltreise eine WhatsApp Gruppe eingerichtet, die jetzt für meine Ablenkung herhalten sollte:
Ich habe es also tatsächlich geschafft! Als ich mit dem Taxi am Flughafen angekommen bin habe ich versucht dem Taxifahrer verständlich zu machen, dass ich zum Schalter von Tigerair muss. Leider konnte er mir auch begreifbar machen, dass er keine Ahnung hat wo der Schalter ist. Somit bin ich – während er meine Kreditkarten Informationen aufgeschrieben hat – zu einer Informationstafel gelaufen ohne herausfinden zu können wo Tigerair ist. Es hat eine gefühlte Ewigkeit gedauert bis der Taxifahrer alle Informationen übertragen hatte und ich mit einem ganz Großen „Domo Arigatou Gozaimashita“ in den Flughafen gerannt bin.
Drinnen angekommen habe ich nach dem großen ‚I‘ für Information gesucht und bin auch sofort fündig geworden. Als ich am Schalter war durfte ich feststellen: Geschlossen! Zum Glück gab es einen Zettel am Tresen der in die richtige Richtung wies. Mit all dem was ich auf dieser Reise besitze bin ich durch die halbe Halle gerannt um dann einen Informationsschlater zu finden bei dem die Dame gerade das Schild „Geschlossen“ hinstellen wollte. Voller Panik frage ich sie nach dem Tigerair Schalter und sie schaut erstmal in aller Ruhe im Computer nach. In dem Moment kann man sich vorstellen wie ich von einem Fuß auf den anderen gehüpft bin.
Als ich endlich die Information hatte ging es für mich zum direkt anderen Ende der Halle (wie hätte es auch anders sein sollen?). Von weiten sehe ich wie der Schalter fast ausgestorben ist. Nur zwei Japanische Damen stehen da und fangen stark das Lachen an als sie mich mit Sack und Pack durch die Halle rennen sehen. Bis ich allerdings am Schalter war waren sie wieder japanisch höflich und haben natürlich nicht mehr gelacht.
Eine Dame vom Schalter – Frau Suiginaka – hat mich dann zu einer extra Sicherheitskontrolle (ohne Schlange) und einem extra Schalter für die Passkontrolle geschickt. Sie ist mit mir durch den kompletten Flughafen gerannt sodass wir es tatsächlich noch rechtzeitig zum Boarding geschafft haben. Wir waren sogar so rechtzeitig dort dass ich noch warten musste bis ich ins Flugzeug durfte. Als ich schließlich im Flugzeug war und alle Türen geschlossen waren gibt der Kapitän an die Passagiere durch, dass wir unser Abflugfenster verpasst haben und nun noch etwa 40 Minuten hier stehen werden bevor es los geht. Na wenn ich das vorher gewusst hätte…
Mensch Manu, wenn die Japaner schon so gastfreundlich sind, dann lehn doch die Angebote nicht einfach so ab. Wer weiß, was du verpasst. 😉
Kyoto sieht übrigens echt absolut schön aus, aber voll wie die bamberger Altstadt wenn grad eine Gruppe von einem Kreuzfahrtschiff wie Heuschrecken über die Stadt herfallen. Da freu ich mich umso mehr ganz entspannt deine Bilder anschaun zu können.
Wahnsinn, die Flughafen-Geschichte ist toll. Ich hab mir schon gedacht, dass der Taxifahrer auf die Tube drückt und du es schaffst. Ich wär hier nicht so positiv gewesen. Ich hätte das Taxi wahrscheinlich nicht mehr genommen und hätte dann für einen neuen Flug zahlen dürfen. Oder ich weiß nicht, jedenfalls wär ich total ausgerastet. Aber ne tolle Geschichte!
Haha, ja, ich habe vermutlich wirklich was verpasst. Aber ich nehme das einfach in kauf 😛
Wie ich schon geschrieben habe ist Kyoto auch wirklich schön, aber total überlaufen. Wenn du mich fragst, dann hat mir Kamakura insgesamt so viel besser gefallen.
Die Flughafen-Geschichte hat mich während ich geschrieben habe sowohl zum verzweifeln gebracht (die Formatierung), als auch zum Lachen. Nachdem ich ja weiß dass ich es geschafft habe war es eher sehr lustig nochmal die Situation zu erleben (beim Schreiben).
Ich bin zum Glück nicht zu sehr in Panik verfallen, sonst wäre das wohl etwas anders ausgegangen. Hahaha
Jetzt fällt mir noch was ein: Ich bin grad auf deinem Youtube-Kanal gelandet und hab mir dort direkt die Videos angeschaut und musste an den Bambi-Irrtum denken.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bambi_%28Film%29#Einfluss
So, jetzt aber genug der Besserwisserei. 😉
Ist übrigens Wahnsinn die Videos zu sehen. Da ist es irgendwie nochmal viel klarer, dass du wirklich dort bist und das alles erlebst. Die Videos haben mich grad wieder aufs Neue begeistert.
Chapeau, mein Freund! Diese Besserwisser-Runde geht ganz eindeutig an dich 😉
Ich kannte tatsächlich den Bambi Irrtum nicht und bin offensichtlich und ganz klar darauf reingefallen.
Mensch Flo, ich freu mich immer total über deine Kommentare. An diesem Beitrag habe ich jetzt tatsächlich 9-10 Stunden geschrieben (verteilt auf 3 Tage) und dann ist es schön mitzukriegen dass es auch tatsächlich gelesen wird.
Ich war etwas besorgt dass es zu lange und zu viel Text ist 😉
Zu lang? Mach dir da mal keine Gedanken. Ich find das jedenfalls immer toll hier viel zu lesen und freu mich vor allem, auch immer über die Fotos. Man kann so richtig mit dir mitreisen!