Tokyo, was ist los?

3. September 2015 at 14:25

Tag 61-64: Was ist nur los hier in Tokyo? Ist es nicht eine Stadt in der ich seit so langer Zeit sein wollte? Als ich mit 8 Jahren Karate begonnen habe war ich fasziniert von der Japanischen Kultur, die ich damals nur aus Büchern und Erzählungen kennenlernen konnte. Seit ich im Jahr 2008 dann schließlich mit Bujinkan Budo Taijutsu began und mein Trainer und mehrere meiner Freunde teilweise mehrmals jährlich nach Japan kamen, wollte ich immer hier her kommen. Tokyo! Eine der größten Städte der Welt und das Zentrum meiner Kampfkunst.

Meine Erwartungen waren hoch! Sehr hoch! Und ist es nicht oft so, dass wenn man sehr hohe Erwartungen hat sehr schnell auch eine Enttäuschung erhalten kann? Es scheint irgendwie so, denn in noch keiner anderen Stadt, bei noch keiner anderen Station auf meiner bisherigen Reise habe ich mich so verloren gefühlt wie hier in Tokyo.

Nachdem ich mit dem Zug aus Kamakura ankam, bin ich direkt ins Hostel gefahren. Es war anders als die Hostels in denen ich zuvor war. Insgesamt war es groß, viele Reisende sind dort untergekommen aber irgendwie auch etwas anonym. Ich hab die Gelegenheit genutzt erstmal mehrer Stunden an meinem Blog zu schreiben bevor ich dann schließlich ein Mädl in der Lobby angesprochen habe und wir schließlich gemeinsam losgezogen sind.

Wir sind nach Shibuya gegangen, die berühmte Kreuzung, die wohl jeder aus Filmen kennt. Ich habe inzwischen seit mehreren Stunden geschrieben und bin inzwischen schon ziemlich hungrig gewesen. Alice (so ihr Name) hatte allerdings vor nicht allzu langer Zeit gegessen. Der Plan war also, dass wir gemeinsam in ein Ramen Lokal gehen und ich mein geliebten Ramen essen kann und sie leistet mir nur Gesellschaft. Nachdem ich allerdings mein Ticket für den Ramen gelöst hatte, hat der Wirt des kleinen Lokals sehr verärgert Alice aus dem Lokal geschmissen, da sie nichts essen wollte. Somit habe ich versucht meinen Ramen so schnell es geht zu essen, sodass Alice nicht zu lange draußen warten muss.

Nachdem ich mir also erfolgreich die Zunge verbrannt hatte sind wir noch etwas durch Shibuya gezogen. Das Stadtviertel ist bekannt für das Nachtleben und allgemein für DAS LEBEN! Hier sind sehr viele Menschen ständig unterwegs, Lichter die blinken und was man sich sonst noch so vorstellen kann.

Riesen Große Tiere...
image-1414

Riesen Große Tiere…

... und lebensecht große Puppen
image-1415

… und lebensecht große Puppen

Neumel im Disney-Wunderland
image-1416

Neumel im Disney-Wunderland

Und wieder mal eine One Piece Referenz
image-1417

Und wieder mal eine One Piece Referenz

Hier ist die berühmte Kreuzung!
image-1418

Hier ist die berühmte Kreuzung!

Alice fotografiert den Hund zu einer rührenden Geschichte
image-1419

Alice fotografiert den Hund zu einer rührenden Geschichte

Hier in Shibuya gibt es eine Legende zu einem Hund: Der Hund hat jeden Tag an dem Bahnhof hier auf sein Herrchen gewartet, dass er wieder von der Arbeit zurück kommt. Eines Tages ist das Herrchen nicht wieder zurück gekommen. Der Hund war allerdings so treu, dass er mehrere Jahre vor der Haltestelle ausgeharrt hat. Daraufhin wurde dem Hund zu ehren eine Statue errichtet.

Alice hat in Tokyo eine ehemalige Schulfreundin – Sara – mit der sie sich heute Abend noch treffen wollte. Sie waren so nett mich mitzunehmen, woraufhin wir zusammen ausgegangen sind um etwas zu trinken. Der Abend war richtig gut und wir hatten gute und intensive Gespräche über die aktuelle Flüchtlingswelle in Deutschland und Europa, aber auch die Haltung der Japanischen Regierung dazu. Ich habe den Abend sehr genossen!

Alice und Sara: Nach vielen Jahren haben sie sich wieder getroffen
image-1420

Alice und Sara: Nach vielen Jahren haben sie sich wieder getroffen

Ich durfte auch mit aufs Bild
image-1421

Ich durfte auch mit aufs Bild

Das fühlt sich absolut falsch an

Am nächsten Tag habe ich erstmal wieder fast einen halben Tag damit verbracht weiter an meinem Blog zu schreiben. Ich habe gemerkt wie schwer es mir an diesem Tag gefallen ist, da ich ja erst gestern über meine Erlebnisse geschrieben habe und jetzt schon wieder. Aber ich denke es ist absolut wichtig damit ich keine meiner Erlebnisse vergessen werde.

Anschließend habe ich beschlossen einfach ins Blaue loszuziehen. Auf meinem sehr vereinfachten Stadtplan, den ich vom Hostel bekommen habe, habe ich neben einem Bahnhof die Worte „Electric Town“ gelesen und dachte mir dass es wohl der perfekte Ort sein muss um dort ein paar Computerspiele spielen zu können. Kaum kam der Gedanke in meinen Kopf bin ich auch schon losgezogen.

Juhu, SEGA! Die Computerspiele können nicht weit sein
image-1422

Juhu, SEGA! Die Computerspiele können nicht weit sein

Nachdem ich etwas los gezogen bin und wie immer in den Straßen verloren gegangen bin kam mir aber ein etwas anderer Gedanke. Ich dachte ich sei im Rotlicht Viertel gelandet! Hier stehen etwa alle 5 Meter ein Mädchen in einem sehr kurzen Kleid und einem Kostüm herum. Es war verwirrend zu sehen, wie diese kleinen Mädchen aussehen wie gerade mal 14 oder 15 Jahre alt und wie sehr die Männer sich von ihnen offensichtlich angezogen fühlten.

Meine Freunde, die schon in Japan waren, halfen mir und sagten mir dass es sich dabei um Hostess handelten, die Kunden für die sogenannten Maiden Cafés finden wollten. Die Maiden Cafés sollen dabei die Vorliebe der Japaner für Manga widerspiegeln. Mich hat es allerdings dennoch etwas verstört zu sehen, wie eine Gruppe von „alten“ Business Männern in ein Café gingen, das „Sweet Sixteen“ hieß. Es hat sich einfach so fürchterlich falsch angefühlt und ich musste gehen.

Ich habe mir irgendwas an der Straße zum Essen gekauft. Im Hintergrund ist eine Hostess (aber leider kaum zu erkennen)
image-1423

Ich habe mir irgendwas an der Straße zum Essen gekauft. Im Hintergrund ist eine Hostess (aber leider kaum zu erkennen)

Die Japaner haben ein interessantes Verhältnis zu ihrer Sexualität
image-1424

Die Japaner haben ein interessantes Verhältnis zu ihrer Sexualität

Hier kann man übrigens Puppen für den heimischen Gebrauch kaufen
image-1425

Hier kann man übrigens Puppen für den heimischen Gebrauch kaufen

Nachdem ich eher fluchtartig zurück ins Hostel gegangen bin, wollte ich mit Linh (ein Deutscher, aus Nürnberg – ja, die Welt ist klein) noch weg gehen. Wir haben uns verabredet und sind dann wieder nach Shibuya gefahren um dort in einen Club zu gehen. Linh hat Vietnamesische Eltern, sodass er Asiatisch aussieht. Als wir dann vom Bahnhof in Shibuya in die Richtung des Clubs gelaufen sind (mit mehereren Umwegen da wir uns verlaufen hatten) wurde ich sehr oft angesprochen ob ich denn eine „Massage“ oder dann doch sehr explizit sexuelle Dienstleistungen suchen würde. Linh auf der anderen Seite wurde deutlich weniger darauf angesprochen. Sind westliche Männer denn wirklich so eine gute Kundschaft?

Nachdem ich alle Angebote in der höflichsten mir möglichen Form abgelehnt hatte haben es Linh und ich dann tatsächlich in den Club geschafft. Der Eintritt war richtig teuer, aber als wir dann mehrere Stunden damit verbracht haben zu tanzen haben wir beiden beschlossen dass es das Geld absolut wert war. Die Musik war vom Feinsten und ich habe über fünf Stunden getanzt. Gegen fünf Uhr morgens haben wir dann den Club verlassen (da jetzt auch wieder die Bahnen fuhren) und ich musste etwas Frühstücken: Ramen! Ich hab es dann schließlich geschafft gegen 7 Uhr Morgens ins Bett zu kommen (nachdem ich dann auch noch im falschen Zug saß).

Wir waren im Womb in Shibuya: Die Musik war der Hammer!
image-1426

Wir waren im Womb in Shibuya: Die Musik war der Hammer!

So viele Menschen und doch so alleine

Der nächste „Tag“ fing dann nicht vor 15 Uhr bei mir an. Vermutlich hatte der akute Schlafmangel viel damit zu tun, dass ich nicht besonders viel Energie und damit auch keine gute Laune hatte. Mir ist am gestrigen Tag richtig vor Augen geführt worden wie groß die kulturellen (Manga Cafés) und sprachlichen Barrieren doch hier sind. Ich habe mich an den Film „Lost in Translation“ erinnert gefühlt und musste ihn mir nochmals anschauen. Vor vielen Jahren habe ich ihn schon angeschaut und fand ihn fürchterlich langweilig. Heute traf er genau den Punkt und genau mein Gefühl.

Ich will doch reisen um die lokale Kultur und damit auch lokale Menschen kennenzulernen. Aber ich kann hier kaum Menschen kennenlernen, da kaum jemand wirklich Englisch spricht. Mehrere Personen sind am gestrigen Abend von mir davon gerannt als ich versucht hatte sie anzusprechen. Also habe ich begonnen westlich ausschauende Menschen kennenzulernen. Ja, das funktioniert sehr gut, denn viele fühlen sich hier genauso alleine wie ich. Aber das war doch nicht der Grund weswegen ich mich auf gemacht habe um die Welt zu reisen.

Ich habe beschlossen den heutigen Tag alleine zu verbringen. Ich wollte eine andere Ecke von Tokyo erkunden und bin deswegen nach Roppongi (ein weiterer Nightlife District) gefahren. Dort angekommen wurde ich innerhalb von kürzester Zeit wieder angesprochen ob ich denn sexuelle Dienste in Anspruch nehmen wolle. Ich verstehe einfach nicht warum ich so oft deswegen angesprochen werde. Jedenfalls habe ich mal wieder dankend abgelehnt um dann kurze Zeit später vor einem American Steakhouse zu stehen. Hier wird sicherlich Englisch gesprochen! Deswegen habe ich beschlossen hier mein Abendessen zu mir zu nehmen.

Neumel und ich alleine im Steakhouse
image-1427

Neumel und ich alleine im Steakhouse

Hier gab es meinen ersten Burger seit ich die USA verlassen habe
image-1428

Hier gab es meinen ersten Burger seit ich die USA verlassen habe

Und was hilft besser gegen die schlechte Laune als eine große Ladung Schokolade?
image-1429

Und was hilft besser gegen die schlechte Laune als eine große Ladung Schokolade?

Ich wollte wieder zurück zum Hostel, war allerdings nicht weit weg vom Tokyo Tower. Deswegen habe ich beschlossen einen kleinen Spaziergang zu einem anderen Bahnhof zu machen, damit ich beim Tokyo Tower vorbeikommen kann.

Der Tokyo Tower bei Nacht
image-1430

Der Tokyo Tower bei Nacht

Jetzt aber weg hier

Am nächsten Tag stand meine Abreise aus Tokyo auf dem Plan. Ich habe eigentlich die meiste Zeit im Hostel verbracht und bin lediglich mit meinem Freund Linh und zwei weiteren Reisenden, die wir gerade erst getroffen haben zum Mittagessen gegangen.

Linh (ganz rechts), ich und zwei weitere (aus Neuseeland und den USA)
image-1431

Linh (ganz rechts), ich und zwei weitere (aus Neuseeland und den USA)

Wir haben etwas zu essen geordert ohne zu wissen was es ist
image-1432

Wir haben etwas zu essen geordert ohne zu wissen was es ist

Jetzt geht es aber wieder zurück nach Osaka. Dort werde ich Emiko wieder treffen und auch meinen ehemaligen Couchsurfer aus Hong Kong – Kai. Ich freue mich darauf aus Tokyo zu verschwinden. Meine Erwartungen waren wohl einfach viel zu hoch!